Die Sirenen kommen zurück

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Frankfurt. Früher waren sie nicht wegzudenken, dann verschwanden die Sirenen in den Städten allmählich. Doch jetzt erleben die alten Heuler eine Renaissance ...

Die Zeiten des Kalten Krieges sind vorbei, heute drohen andere Gefahren: Viele Städte denken deshalb wieder über die Aufstellung von Sirenen nach - Foto: Roland Weihrauch (dpa)
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Die Zeiten des Kalten Krieges sind vorbei, heute drohen andere Gefahren: Viele Städte denken deshalb wieder über die Aufstellung von Sirenen nach - Foto: Roland Weihrauch (dpa)

Neue Warnanlagen

Von OLAF KERN

Über 100.000 Sirenen gab es in der alten Bundesrepublik, als der Kalte Krieg jederzeit heiß werden konnte. Sie sollten nicht nur die Feuerwehr zum Einsatz rufen, sondern auch die Bevölkerung schnell vor Raketenangriffen aus dem Osten warnen. Doch als der Eiserne Vorhang plötzlich fiel, war es auch mit den Sirenen vorbei. Der Bund gab in den 1990er Jahren die Hoheit über die Heuler ab und manche Kommunen hielten an den Pilztöpfen auf den Dächern fest, andere ließen sie ganz verschwinden.

Doch seit die Bedrohungslage sich wieder grundlegend geändert hat, sind auch die guten alten Sirenen wieder auf dem Vormarsch. Viele Kommunen und Städte in Hessen wollen wieder zurück zu den Signaltönen von früher. Neue Wetterphänomen, wie Tornados oder Starkregenfälle, plötzliche flächendeckende Stromausfälle, Unglücksfälle und Katastrophen, die viele Menschen betreffen oder sogar Terrorgefahr werden in die Sicherheitskonzepte neuerdings miteinbezogen und führen zu einer regelrechten Renaissance der akustischen Alarm-Geber.

„Keine Alternative“

„Es gibt einfach keine vernünftige Alternative“, sagt etwas der Sprecher der Frankfurter Feuerwehr, Rainer Heisterkamp. Mit den Sirenen könnte man eben möglichst viele Menschen erreichen. Dies sei über elektronische Kanäle, also wie Smartphone-Apps, Twitter oder Facebook nicht möglich, schon gar nicht nachts, wenn alle schlafen und niemand mehr Fernsehen guckt oder das Smartphone an hat.

Die Berufsfeuerwehr in Frankfurt erarbeitet deshalb gerade „mit Hochdruck“ an einem Konzept für die Aufstellung von neuen Sirenen, und zwar flächendeckend im gesamten Stadtgebiet. Wann die Masten stehen oder wie viel sie kosten, kann Sprecher Heisterkamp allerdings noch nicht sagen. Die Stadtparlamentarier müssten einem solchen Projekt ohnehin noch absegnen.

Die Stadt Bad Homburg ist da schon einen großen Schritt weiter. An 20 Standorten sollen künftig Sirenen vor extremen Wetterlagen, bei einem Austritt von Gefahrstoffen oder bei Gefährdungen von Großveranstaltungen warnen. Dabei handelt es sich nichtmehr um die großen tellerartigen Motorsirenen von früher, sondern um elektronisch gesteuerte Lautsprecheranlagen, die nur einen geringen Stromverbrauch haben und wenig Wartung brauchen. Insgesamt kostet dies die Stadt rund einen Viertel Million Euro.

Allmählich ersetzt

„Andere Städte und Gemeinden in Hessen wollen nachziehen“, weiß Johann Braxenthaler, Leiter der Berufsfeuerwehr in Darmstadt. Dort hat man an den alten Sirenen aus früheren Jahrzehnten festgehalten, ergänzt durch werkseigene Alarmsirenen der Industriebetriebe Merck oder Evonik, so wie in Frankfurt auch bei Infraserv. Die Darmstädter Sirenen werden jetzt allmählich nur durch die moderneren Varianten ersetzt, die noch viel mehr können als ihre Vorgänger, beispielsweise lassen sich auch Durchsagen machen. Auch in Wiesbaden gibt es die Sirenen noch. „Viele beneiden uns jetzt darum“, sagt Feuerwehr-Sprecher Andreas Quint. Ergänzend setzen die Wiesbadener Behörden auch auf die werden die Warn-App „Nina“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Doch die Sirenen seien eben ein „probates Mittel“, um schnell viele Menschen auf eine Gefahr aufmerksam zu machen.

So sieht die Neue aus

Sirene - Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)
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 Sirene - Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)

Anders als frühere Motorsirenen erzeugen elektronische Sirenen den Ton mit einem Lautsprecher und einem elektronischen Verstärker. Mit einer Steuerung kann man ebenfalls das Auf- und Abschwellen der mechanischen Sirene nachempfinden.

Vorteil der elektronischen Sirenen ist, dass sie über keine beweglichen Teile verfügen. Somit verringern sich Gewicht, Wartungsaufwand und Stromverbrauch. Mittels Versorgung über einen Akku, der durch Solarzellen oder über das Stromnetz geladen werden kann, ist diese Sirenenart auch unabhängig vom Stromnetz.

Die einzelnen Schalltrichter können in gewünschte Richtungen gedreht werden, um bestimmte Gebiete stärker oder schwächer zu beschallen. Auch lassen sich mit elektronischen Sirenen Sprachdurchsagen vornehmen. Die Schallstrahler können einen Schalldruckpegel von bis zu 122 Dezibel erzeugen. Eine mechanische Sirene (Motorsirene) besteht dagegen aus einer schaufelradähnlichen Trommel. Nimmt der Motor Tempo auf, treibt er diese Trommel an, deren Verwirbelungen für den Heulton sorgen.

Die Sirenensigale

Feueralarm

Drei Mal 15 Sekunden Dauerton mit zwei Mal sieben Sekunden Unterbrechung. Dieses Signal dient ausschließlich der Alarmierung der freiwilligen Feuerwehrkräfte

Entwarnung

Das Ende der Gefahr (Entwarnung) wird mit einem einminütigen Dauerton angezeigt. Wird nach Ende der Gefährdungslage gegeben.

Gefahr/Alarm

Auf- und abschwellender Ton von einer Minute Dauer. Bedeutet unmittelbare Gefahr: schützende Räumlichkeiten aufsuchen, über Medien durchgegebene Verhaltensmaßnahmen

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.