Rettungsgassen-Blockierer: Feuerwehrmann fordert drastische Strafen

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Hattersheim. Rettungsgassen können Menschenleben retten. Ein in Hattersheim lebender Feuerwehrmann setzt sich dafür ein, die Strafe für Nichtbeachtung zu erhöhen – um das Hundertfache ...

So ist es richtig: Zwischen den beiden Spuren gibt es eine Rettungsgasse, die nach Unfällen von Einsatzkräften genutzt werden kann - Foto: einsatzfotos.tv
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So ist es richtig: Zwischen den beiden Spuren gibt es eine Rettungsgasse, die nach Unfällen von Einsatzkräften genutzt werden kann - Foto: einsatzfotos.tv

Online-Petition gestartet

Von SASCHA KRÖNER

Jeder kennt die Situation: Die Fahrt auf der Autobahn, die einen möglichst schnell ans Ziel bringen sollte, endet in einer unüberschaubaren Kette aneinandergereihter Fahrzeuge. Viele Minuten lang rührt sich überhaupt nichts. Dann ertönen plötzlich Sirenen, Rettungsfahrzeuge nähern sich vom hinteren Ende des Staus. Die Helfer können jedoch nur zur Unfallstelle durchdringen, wenn die Fahrer der anderen Wagen aufmerksam reagieren und Rettungsgassen bilden. „Jeder hat das mal gelernt“, betont Feuerwehrmann Fabian Beck aus Hattersheim. Er weiß jedoch, dass die Praxis anders aussieht.

30 Minuten für 200 Meter

Auf einer dreispurigen Autobahn sollten die Autos auf dem linken Fahrstreifen nach links ausweichen, die Wagen auf dem Mittelstreifen fahren nach rechts, und die Autos ganz rechts wechseln auf den Seitenstreifen. Fabian Beck hat jedoch oft genug erlebt, dass die Autofahrer den Helfern nicht immer entgegenkommen. Das Problem sei nicht, dass die Rettungsgasse falsch gebildet wird, sondern vielmehr, dass manche Personen überhaupt keinen Platz machen. So könne es passieren, dass die Feuerwehr für 200 Meter Autobahn eine halbe Stunde brauche. Er habe schon von Kollegen gehört, die anderthalb Stunden für zwei Kilometer benötigten, erzählt der gebürtige Zeilsheimer, der bei der Freiwilligen Feuerwehr Frankfurt-Zeilsheim aktiv ist.

Nach Gesprächen mit Kameraden hat Beck eine Petition im Internet gestartet, die noch bis zum Jahresende läuft. Er sammelt Stimmen, um die Strafe für die Nichtbeachtung der Rettungsgasse drastisch zu erhöhen. Jeder solle sich einmal vorstellen, dass er im Auto eingeklemmt ist und das Martinshorn in der Nähe hören kann. Die Rettungskräfte treffen jedoch nicht ein. „Es geht um Leben und Tod“, betont Fabian Beck und ergänzt, dass schon wenige Sekunden einen Unterschied machen können. Er habe andere Autofahrer auch schon vergeblich auf die Einhaltung der Rettungsgasse hingewiesen, als er privat im Stau stand. „Wieso? Es ist doch noch keiner da“, sei die uneinsichtige Antwort des Aufgeforderten gewesen.

Fabian Beck weist darauf hin, dass es meistens schon zu spät ist, wenn die Feuerwehr direkt hinter den Autos steht. Dann komme es bereits zu Verzögerungen. Der Hattersheimer findet, dass die Nichtbeachtung der Rettungsgasse zu selten geahndet wird. „Die Rettungskräfte haben meist etwas Besseres zu tun, als Nummernschilder aufzuschreiben“, sagt der Feuerwehrmann. Wenn es tatsächlich zur Anzeige eines Verstoßes kommt, ist die Strafe – aus Becks Sicht – jedoch viel zu niedrig.

Fabian Beck - Foto: Hans Nietner
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Fabian Beck - Foto: Hans Nietner

In der Straßenverkehrsordnung ist es geregelt

Lediglich 20 Euro müssen Stausünder bezahlen, die keine Rettungsgasse bilden. Fabian Beck möchte diese Gebühr verhundertfachen. Mit seiner Petition will der Hattersheimer erreichen, dass Autofahrer, die die Rettungskräfte behindern, künftig mit 2000 Euro Strafe zur Kasse gebeten werden. Seine Forderung orientiere sich am Nachbarland Österreich, wo das Nichtbeachten der Rettungsgasse bis zu 2180 Euro kosten könne.

Beck hat zusätzlich zu seinem Vorstoß im Internet noch eine Petition beim Bundestag eingereicht. Dort sehe man bisher jedoch keinen Handlungsbedarf. In einem Antwortschreiben habe die Regierung erklärt, dass die Verhältnismäßigkeit bei solchen Strafen nicht mehr gegeben sei. Hohe Geldbußen seien für Vergehen vorgemerkt, die die Verkehrssicherheit gefährden. Fabian Beck hat gegen diese Sichtweise Widerspruch eingelegt. Er sieht es umgekehrt: „20 Euro für ein Menschenleben sind keine Verhältnismäßigkeit“, betont der Initiator der Petition.

Die Unterschriftenaktion im Internet läuft seit acht Wochen und hat mittlerweile rund 16 100 Unterstützer. Stattliche 120 000 Unterschriften sind allerdings notwendig, damit die Petition den politischen Vertretern für eine Stellungnahme vorgelegt wird. Dafür hat Fabian Beck noch bis zum 27. Dezember dieses Jahres Zeit.

Interessenten finden die Petition auf www.openpetition.de unter dem Titel „Höhere Strafen für nicht beachten der Rettungsgasse“.

In der Straßenverkehrsordnung ist es geregelt

Es gibt eigentlich nichts, was nicht gesetzlich geregelt ist, wenn es um den Straßenverkehr geht. Diese Vorgaben und Regelungen sind in der Straßenverkehrsordnung (STVO) aufgeführt. Das Regelwerk enthält unter anderem eindeutige Aussagen zum Bilden von Rettungsgassen: Bei einem Stau auf mehrspurigen Straßen sind alle Autofahrer verpflichtet, die Rettungsgasse freizumachen. Dabei – so heißt es in der STVO weiter – ist die Rettungsgasse bei zwei Fahrstreifen in der Mitte zu bilden. Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen müssen also an den linken Fahrbahnrand fahren, diejenigen auf der rechten Spur an den rechten Fahrbahnrand. Bei dreispurigen Autobahnen ist die Rettungsgasse zwischen dem äußersten linken und der direkt rechts danebenliegenden Fahrspur zu bilden. Hat die Autobahn vier Spuren, muss die Rettungsgasse in der Mitte gebildet werden. sas

Für die Landung eines Rettungshubschraubers muss viel Platz auf der Fahrbahn vorhanden sein - Foto: einsatzfotos.tv
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Für die Landung eines Rettungshubschraubers muss viel Platz auf der Fahrbahn vorhanden sein - Foto: einsatzfotos.tv

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.