Wiedergründung

Der Neubeginn des Feuerwehrwesens nach 1945 im Nassauer Land

Das Kriegsende war für die Freiwillige Feuerwehr zugleich eine Zeit des Neubeginns. Dem Wahlspruch getreu: "Gott zur Ehr’, dem Nächsten zur Wehr" wollten sie ihrer Verpflichtung nachkommen. Während alle bestehenden Vereinigungen und Zusammenschlüsse zunächst einmal verboten und aufgelöst wurden, erging am 5. April 1945 an alle Freiwilligen Feuerwehren im Regierungsbezirk Wiesbaden der Befehl Nr. 6 "Auf Anordnung der Besatzungsbehörden ist der Feuerschutz durch die bisherigen Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr auszuführen". Die amerikanischen Sicherheitsoffiziere überwachten die Tätigkeit der Feuerwehr. Sie sahen in ihr eine paramilitärische Einrichtung und ordneten eine sofortige Trennung von Feuerwehr und Polizei an. Gerade hier bewährte sich das Freiwilligenprinzip, denn die Besatzungsmächte hätten einer Freiwilligen Feuerwehr den Auftrag für die Sicherheit von Menschen und Güter nicht anvertraut, wenn es sich dabei um eine staatlich organisierte und gelenkte Einrichtung gehandelt hätte. Doch der Übergang in die neue Zeit ging für die Feuerwehren nicht reibungslos vonstatten. Durch Gefangenschaft und Entnazifizierungsmaßnahmen wurde die Feuerwehr im Bestand ihrer aktiven Feuerwehrmänner erheblich geschwächt. Nur allmählich wurde das Leben wieder in geordnete Bahnen gelenkt. Die personellen Schwierigkeiten bei den Feuerwehren lösten sich allmählich auf und es war an einen ernsthaften Wiederaufbau zu denken.

Josef Diefenbach - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1948 - 1951Bild links: Josef Diefenbach - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1948 - 1951

Paul Röder, der am 8. September 1946 in Wiesbaden zum Vorsitzenden des dortigen Kreisfeuerwehrverbandes gewählt worden war, setzte sich unmittelbar nach seiner Wahl für die Wiedergründung des Nassauischen Feuerwehrverbandes ein. So ging, wie schon 1872, auch diesmal die Initiative zur Gründung des Verbandes von der Freiwilligen Feuerwehr des Stadtkreises Wiesbaden aus. Nach der Entscheidung des Dezernenten für das Feuerlöschwesen im Wiesbadener Innenministerium, Ministerialrat Dr. Berger, vom 3. November 1946, dass gegen die Bildung des Verbandes nichts einzuwenden sei, lud Röder für den 9. November 1946 nach Wiesbaden-Sonnenberg zu einer Vorbesprechung ein. Es wurde die Bildung eines "vorläufigen Arbeitsausschusses" vereinbart, der den Zusammenschluss aller Kreisfeuerwehrverbände im Regierungsbezirk Wiesbaden zu einem Bezirksverband sowie die Wiedergründung des "Nassauischen Feuerwehrverbandes" vorbereiten sollte. Als Vorsitzender des Arbeitsausschusses wurde Josef Diefenbach (Eschhofen) sowie als Schriftführer Paul Röder (Wiesbaden) gewählt. Nach mühevoller Arbeit konnte endlich im April 1948 der Zusammenschluss der Freiwilligen Feuerwehren erreicht werden. Im Abschlussprotokoll wurde ausdrücklich festgehalten, dass der neue Verband nur sozialen und Wohlfahrtszwecken dient und keine Befehlsgewalt über Feuerwehrbezirk und Feuerwehrmänner ausübt.

1. Verbandstag der Nachkriegszeit 1948 in Eltville

Auf den Tag drei Jahre nach Kriegsende konnten am 8. Mai 1948 insgesamt 679 Delegierte der Freiwilligen Feuerwehren und der Werkfeuerwehren aus dem Regierungsbezirk in einer würdigen Feier in Eltville am Rhein die Neugründung des Nassauischen Feuerwehrverbandes begehen. In den Vorstand wurden gewählt:

Vorsitzender Josef Diefenbach (Eschhofen), Kreisverbandsvorsitzender
Stellvertreter Peter Neun (Kelkheim), Kreisbrandinspektor
Geschäfts- und Kassenführer Paul Röder (Wiesbaden), Kreisbrandinspektor
Beisitzer Heinrich Bott (Eltville/Rh), Kreisbrandinspektor
Beisitzer Andreas Bender (Frankfurt/M), Kreisbrandinspektor
Beisitzer Philipp Hüfer (Gelnhausen), Kreisbrandinspektor
Beisitzer Georg Kleinhenn (Biedenkopf), Kreisbrandinspektor

In seinem Geschäftsbericht 1947/1948 stellte der Nassauische Feuerwehrverband zu seiner Wiedergründung fest: "In treuer Kameradschaft und stetem Gemeinschaftsgeist sowie Vertrauen auf den auf demokratischer Grundlage gewählten Vorstand wollen wir uns verpflichten, das was nun einmal seit Jahrzehnten besteht, weiter auszubauen, zu pflegen und jederzeit für alle unsere Mitmenschen mit unserer ganzen Kraft einzutreten". "Gott zur Ehr’, dem Nächsten zur Wehr".

Der nächste Nassauische Feuerwehrverbandstag 1949 in Dillenburg fand anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Freiwilligen Feuerwehr Dillenburg in Dillenburg statt. 1600 Kameraden hatten sich zu diesem ersten Treffen der Feuerwehren im Bezirksgebiet zusammengefunden, um die Grundpfeiler des Verbandes zu festigen.

Peter Neun - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1951 - 1962Bild links: Peter Neun - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1951 - 1962

Das Zusammentreffen der Nassauischen Feuerwehren im Jahr 1951 war ein großer Erfolg. 514 Delegierte des Verbandes nahmen an den Beratungen teil. Hunderte von Feuerwehrkameraden bekundeten ihr Interesse durch Teilnahme an den Veranstaltungen. Der Verbandstag fand in Verbindung mit dem 100-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Wiesbaden-Biebrich statt.

Von 1951 bis 1962 führte Peter Neun (Kelkheim) den Verband. Es folgte Karl Ruppersberger (Biedenkopf), der bereits seit 1956 stellvertretender Vorsitzender war.

Karl Ruppersberger - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1962 - 19661954 trat man dem neu erstandenen Landesfeuerwehrverband Hessen bei und beschloss, den Nassauischen Feuerwehrverband aufzulösen. Da sich die beiden anderen hessischen Bezirksfeuerwehrverbände nicht auflösten und die Arbeit im Landesfeuerwehrverband nicht den Vorstellungen der Feuerwehren im Regierungsbezirk Wiesbaden entsprach, trat man mit dem Jahresende 1963 aus dem Landesfeuerwehrverband aus. Allerdings wurde bereits beim Feuerwehrtag des Nassauischen Feuerwehrverbandes in Biedenkopf im Jahre 1964 beschlossen, dem Landesfeuerwehrverband wieder beizutreten.

Bild rechts: Karl Ruppersberger - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1962 - 1966

Karl Ruppertsberger (Biedenkopf) wurde erneut zum Vorsitzenden gewählt und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tode am 3. Januar 1966.

Adolf Gastl - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1966 - 1968Bild links: Adolf Gastl - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1966 - 1968

Gemäß der Satzung führte Adolf Gastl (Wiesbaden) den Verband kommissarisch bis zum Verbandstag am 25. Juni 1966 in Bad Orb. Dort wurde er zum Vorsitzenden und Kurt Goltz (Schlüchtern) zum Stellvertreter gewählt. Im Jahre 1968 fand der Verbandstag in Bad Soden im Taunus statt. Hier legte Gastl wegen Amtsüberlastung sein Amt nieder. Kurt Goltz wurde Vorsitzender und Willi Mauer Stellvertreter.

Kurt Goltz - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1968 - 1972Bild rechts: Kurt Goltz - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1968 - 1972

Am 1. Januar 1971 trat das neue Gesetz über den Brandschutz und die Hilfeleistung der Feuerwehren (Brandschutzhilfeleistungsgesetz) in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Feuerwehrvereine als privatrechtliche Vereinigungen die Träger des öffentlichen Brandschutzes. Mit Inkrafttreten des Gesetzes wurden Städte und Gemeinden Träger des Brandschutzes, die diese Aufgabe als Selbstverwaltungsaufgabe wahrzunehmen haben. Seit diesem Zeitpunkt ist die Feuerwehr eine kommunale Einrichtung. Diese grundlegende Veränderung führte jedoch nicht zur Auflösung der Feuerwehrvereine und der Feuerwehrverbände. In den Satzungen der Feuerwehrvereine und der Feuerwehrverbände wurden die Ziele neu formuliert: Die Förderung des Brandschutzes, die Interessenvertretung der Feuerwehren, die soziale Fürsorge für die Mitglieder, die Kameradschaftspflege, die Öffentlichkeitsarbeit, die Brandschutzerziehung zählen neben der Förderung der Jugendfeuerwehr und des Feuerwehrmusikwesens zu diesen Zielen.

Das 100-jährige Bestehen des Nassauischen Feuerwehrverbandes fand gemeinsam mit dem 100-jährigen Gründungsfest der FF Geisenheim vom 27. bis zum 29. Mai 1972 statt.

Bei den Wahlen kam es zu folgendem Ergebnis:

Vorsitzender Richard Meister (Bieber), Kreisbrandinspektor Gelnhausen
Stellvertreter Ernst Joeres (Villmar-Aumenau), Kreisbrandinspektor Oberlahnkreis
Kassenwart Erich Eich (Seulberg/Ts.), Hauptbrandmeister
Beisitzer Hans Kleinhenn (Biedenkopf), Kreisbrandinspektor
Beisitzer Hans Albrecht Oehmke (ldstein-Oberauroff), Kreisbrandinspektor

Richard Meister - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1972 - 1988Bild links: Richard Meister - Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes 1972 - 1988

Die bisherigen Beisitzer Kreisbrandinspektor Erich Trapp (Wetzlar) und Stadtbrandinspektor Gerhard Sattler (Bad Homburg) standen nicht zur Wahl.

Verbandsvorstand und -ausschuss hatten in den beiden zurückliegenden Jahren immer wieder versucht, die anstehenden Probleme sowohl verbandsbezogen als auch brandschutztechnisch mit dem Landesfeuerwehrverband abzustimmen und der Landesregierung vorzutragen. Hier sind besonders die Beschaffungsaktionen "Tragkraftspritzenfahrzeuge (TSF) und Löschgruppenfahrzeuge (LF8)" zu nennen, bei denen der Vorsitzende Meister mit dem Regierungspräsidenten in Darmstadt die Verteilung vorzunehmen hatte.

Am 22. Juni 1974 fand die Delegiertenversammlung im Bürgerhaus von Biedenkopf statt. 244 Delegierte vertraten die 22.687 Mitglieder.

Dem Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden ist die Vielseitigkeit der Aufgaben zu entnehmen. So war bereits 1972 die Entsendung von Mitgliedern in die Ausschüsse des Landesfeuerwehrverbandes erfolgt. Der bisherige Vorsitzende Richard Meister wurde erneut gewählt.

In den Kreisen des Nassauischen Verbandsgebietes wurden Löschzüge Rettung (UR) und Löschzüge Wasserförderung (UW) aufgestellt. In einigen Kreisen wurden zusätzlich Züge zur Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Gefahren (ABC-Züge) aufgestellt.

Ab 1. Januar 1976 trat für die Feuerwehrangehörigen eine Verbesserung ihres Versicherungsschutzes in Kraft. Auch die Kapitalabfindung wurde erhöht. Nachdem im Lande immer mehr Frauen Mitglieder der Einsatzabteilungen werden, hatte das Hessische Innenministerium am Ende des Jahres 1975 für die frauenspezifische Dienstbekleidung 45.000 DM zur Verfügung gestellt.

Am 14. August 1976 fand in ldstein die Delegiertenversammlung statt. Bei den Neuwahlen wurde Kamerad Ernst Joeres, Kreisbrandinspektor des Landkreises Limburg-Weilburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Der Vorsitzende Richard Meister war bereits auf dem Verbandstag in Biedenkopf wiedergewählt worden. Zum Kassenwart und Schriftführer wurde Karl Noll (Bad-Soden-Salmünster) gewählt. Zu Beisitzern wurden Hans Albrecht Oehmke (Untertaunus), Siegfried Hermann (Dillkreis), Erwin Bender (Main-Taunus-Kreis) und Wilhelm Leber (Hochtaunuskreis) gewählt.

Da seit einigen Jahren der Hessische Feuerwehrtag mit dem Nassauischen Verbandstag zusammenfiel, wurde beschlossen, dass bereits im Jahre 1977 der nächste Verbandstag durchgeführt wird und die zweijährige Folge bestehen bleibt.

Die Delegiertenversammlung Nassauischen Feuerwehrverbandes am 14. August 1977 in Schlangenbad beschloss einstimmig die Verlängerung der Amtszeit des amtierenden Vorstandes bis zum Verbandstag 1979. Da immer mehr Fragen des Katastrophenschutzes zu behandeln waren, hatte der Landesfeuerwehrverband einen Fachausschuss für "Katastrophenschutz" gebildet.

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