„Superhelden“ im Einsatz

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Marburg/Kassel. Jahrelang liefen der Freiwilligen Feuerwehr die Mitglieder davon. Mittlerweile hat die Truppe den Abwärtstrend gestoppt. Um weiter Nachwuchs zu gewinnen, greift Hessens größte Hilfsorganisation auf kreierte Superhelden zurück ...

Mitgliederschwund bei Freiwilligen Feuerwehren gestoppt – Jugendwehr wirbt um Nachwuchs

VON JÖRN PERSKE (DPA)

Um Nachwuchs zu gewinnen, setzt die Jugendfeuerwehr in Hessen auf Superhelden. Captain Firefighter und Hydro-Girl heißen die beiden Protagonisten. Mit ihnen versucht der Verband im Comic-Stil bei Jugendlichen anzudocken. Vor allem die 10 bis 13-Jährigen sollen sich von den beiden athletischen Figuren mit den gelben Umhängen angesprochen fühlen. „Superhelden begeistern Jugendliche schließlich auch im Kino. Deswegen haben wir dieses Format gewählt. Mit der Kampagne wollen wir Aufmerksamkeit erregen“, erklärt Landes-Jugendfeuerwehrwart Markus Potthof (42). Die im Vorjahr ins Leben gerufene Kampagne sei gut angelaufen und zeige schon erste Effekte.

„Captain Firefighter“

Nach Jahren des alarmierenden Mitgliederschwunds im Nachwuchsbereich sagt Potthof: „Der Negativ-Trend ist gestoppt.“ Die Mitgliederzahlen sind zuletzt stabil geblieben und liegen bei rund 25 400. Das ist allerdings wesentlich weniger als noch vor zehn Jahren, da waren es noch rund 32 000. Weitaus schwieriger sei, dass Betreuer händeringend gesucht werden. „Der Betreuermangel ist hessenweit, insbesondere in den Flächenkreisen, das gravierendste Problem“, erklärt Potthof. Zuletzt sank die Zahl in einem Jahr um mehr als 200 auf rund 6600 Personen.

Dass die 10- bis 17-Jährigen der Jugendfeuerwehr zeitweise den Rücken zugekehrt haben, hat viele Gründe, wie Potthof sagt: „Junge Leute wollen sich heutzutage nicht mehr so lange an ein Hobby binden. Das Freizeitverhalten hat sich geändert.“ Die zunehmende Mobilität erlaube es den Jugendlichen auch, sich anderen, weiter entfernten Betätigungen zuzuwenden – vor allem für die Jugend auf dem Dorf ein Aspekt.

Stark auf dem Land

Traditionell stark verankert ist die Freiwillige Feuerwehr nach wie vor in den ländlichen Regionen. „Je größer die Städte, desto geringer der Anteil in der Jugendfeuerwehr“, weiß Potthof. Auf dem Land sei der Zuspruch dagegen viel größer.

Begeistern von einem eher technisch wirkenden Hobby wie der Jugendfeuerwehr lassen sich auch Mädchen. „Rund ein Drittel sind Mädchen. Der Anteil ist in den vergangenen Jahren konstant. Sie wollen Gemeinschaft erleben, helfen und sich für andere engagieren“, beschreibt Potthof die Motivation sowohl der Mädchen als auch der Jungen.

Um die Jugendarbeit zu fördern, baut die Jugendfeuerwehr in diesem Jahr für 7,5 Millionen Euro ein Jugend-Feuerwehr-Ausbildungszentrum in Marburg-Cappel. Dort sollen die Jugendwarte geschult werden – und so den Nachwuchs-Brandschützern mehr Zulauf verschaffen.

Jahrelanger Aderlass

Nachwuchs kann die Freiwillige Feuerwehr gebrauchen. Denn die Mitgliederzahlen bezeugen einen Aderlass auch bei den Erwachsenen. In den vergangenen 20 Jahren hat die Truppe mehr als 8000 Mitglieder und in den vergangenen zehn Jahren rund 2000 Mitglieder verloren. Nach jüngster Statistik zählt die Freiwillige Feuerwehr knapp über 72 000 Mitglieder. Die Zahl blieb damit zuletzt einigermaßen stabil.

Der Präsident der Landesfeuerwehrverbandes, Ralf Ackermann, sieht zahlreiche Gründe für den Mitgliederschwund: „Es gibt einen gewissen Egoismus in der Gesellschaft. Einige Menschen sind nicht bereit, sich für andere einzusetzen.“ Zum anderen wollten sie sich nicht so lange an etwas binden.

Dass die Feuerwehr den großen Mitgliederverlust zuletzt stoppen konnte, führt Ackermann auf das zunehmende Engagement des Verbandes und seiner Mitglieder zurück. „Die Feuerwehr ist deutlich aktiver geworden. Wir haben zahlreiche Aktionen, Werbemaßnahmen und Imagekampagnen gemacht.“ Dadurch sei das Bewusstsein für die Bedeutung und Qualitäten der Truppe geschärft worden. „Es ist gelungen, die Feuerwehr als offene gesellschaftliche Gruppe zu präsentieren, die gerne Menschen aufnimmt. Wir verstehen uns als Querschnitt der Gesellschaft.“

Kinder an die Schläuche

Die „Neuen“ in der Freiwilligen Feuerwehr seien mittlerweile zur Hälfte Quereinsteiger und stammten zur anderen Hälfte aus dem eigenen Nachwuchsbereich. Ein Renner seien mittlerweile die Kinder-Feuerwehren der 6- bis 10-Jährigen. „Dort haben wir eine große Zunahme an Mitgliedern. Der Nachwuchs wird dort spielerisch mit einer Brandschutzerziehung an die Feuerwehr herangeführt“, erläutert Ackermann.

Auch Menschen mit Migrationshintergrund oder Flüchtlinge finden zunehmend den Weg zur Freiwilligen Feuerwehr, wie Ackermann sagt. „Es gibt zwar hier und da Sprachbarrieren. Aber wir sind dabei, diese Menschen zu integrieren. Da haben wir schon einiges erreicht.“ Menschen aus Nordafrika oder dem arabischen Raum für die Feuerwehr in Deutschland zu begeistern, sei nicht einfach. Menschen aus diesen Regionen hätten mitunter Vorbehalte, weil die Feuerwehr in ihrer Heimat Teil des staatlichen Machtapparates sei.

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.