Kein Durchkommen für Helfer

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Wiesbaden. Seit dem Busunglück von Bayern mit 18 Toten sind Gaffer besonders im Visier. Wenn lebenswichtige Rettungsgassen blockiert sind, sei das aber nicht immer böser Wille, meinen Experten. Ein Politiker setzt auf das Radio ...

Rettungsgasse Minister will permante Hinweise im Verkehrsfunk der hessischen Radiosender – Jeder Dritte gafft bei Unfall

Der Aufruf zur Rettungsgasse sollte nach einem Vorschlag aus der hessischen Landesregierung einen festen Platz in jedem ausgestrahlten Verkehrsfunk haben. „Es sollte automatisch mit der Durchsage ,Auf der A 3 zwischen Offenbacher Kreuz und Obertshausen ist Stau‘ auch gesagt werden ,Bitte denken Sie daran, eine Rettungsgasse zu bilden‘“, sagte Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) am Montag.

Man müsse mit Sendern, die Verkehrsfunk hätten, „reden, ob nicht der Hinweis ,Bitte Rettungsgasse bilden‘ automatisch mit jeder Staumeldung einhergeht“, so der hessische Minister. Das Rettungswesen fällt in Grüttners Zuständigkeitsbereich. Laut einer neuen Umfrage wünscht sich eine Mehrheit in Deutschland eine härtere Gangart gegen Gaffer, die Notärzten, Feuerwehren und der Polizei den Weg blockieren oder an der Arbeit hindern.

Demnach plädieren fast 63 Prozent der Befragten dafür, dass die Polizei grundsätzlich die Personalien aller unbeteiligten Zuschauer notieren sollte, damit diese später gegebenenfalls wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden können. Gut 92 Prozent verlangen, dass neben Polizei und Feuerwehr auch Notärzte das Recht bekommen sollten, Platzverweise gegen Schaulustige auszusprechen, die die Rettung stören. Die GfK Marktforschung hat für die „Apotheken Umschau“ mehr als 2000 Menschen über 14 Jahre repräsentativ befragt.

Minister Grüttner beklagte in Wiesbaden das Verhalten vieler Verkehrsteilnehmer nach Unfällen: „Sobald ein Einsatzfahrzeug durch die Rettungsgasse fährt, setzen sich die Autofahrer dahinter.“ Auch Rettungskräfte beklagen zunehmend, dass Autofahrer nach Unfällen im „Windschatten“ der Einsatzfahrzeuge fahren, anstatt eine Rettungsgasse frei zu halten. „Viele Autofahrer glauben, dass der Notarzt über den Standstreifen fährt, und wissen nicht, wie eine Rettungsgasse gebildet wird“, betonte ADAC-Experte Jürgen Lachner. Sensibilisierung sei wichtig.

In den vergangenen Monaten kam es immer wieder vor, dass Autofahrer im Stau die Rettungsgasse nicht frei hielten und beim Vorbeifahren an der Unfallstelle Videos machten. Besonders nach dem Busunglück in Bayern, bei dem jüngst 18 Menschen starben, wurden Gaffer heftig kritisiert.

In der GfK-Umfrage räumten 31 Prozent ein, bei Verkehrsunfällen schon mal langsam an der Unfallstelle vorbeizufahren und sich das Geschehen anzuschauen – um zu erfahren, weshalb man im Stau steht. Für etwa 25 Prozent ist es auch völlig in Ordnung, das Unfallgeschehen aus nächster Nähe zu betrachten, solange man die Rettungskräfte nicht behindert.

Wenn er zu spät komme, könne das Menschenleben kosten, beklagt Rettungsassistent Tim Gaidies. Und trotzdem gibt es immer wieder Autofahrer, die ihn und seine Kollegen daran hindern, zu Unfallopfern zu gelangen. „Es ist einfach frustrierend für uns“, sagt der 27-Jährige, der beim DRK Rhein-Main-Taunus in Wiesbaden arbeitet.

Angesichts von Autofahrern, die hektisch kurz vor dem Krankenwagen die Spur wechseln oder gar nicht zur Seite fahren, macht sich bei den Einsatzkräften neben Ärger auch Resignation breit. Nicht umsonst hat das DRK seine Rettungsgassen-Kampagne unter der Überschrift „Wir helfen gerne – wenn Sie uns lassen“ zusammengefasst.

Laut Straßenverkehrsordnung müssen sich schon bei zähfließendem Verkehr die Autofahrer auf der ganz linken Spur nach links, sonst nach rechts orientieren. „Eigentlich ganz einfach“, sagt Gaidies. „Aber viele reagieren erst, wenn der Notarzt kommt, und können dann nicht mehr rangieren.“

Bilden der Rettungsgasse - (c) hessen.deBild: Bilden der Rettungsgasse - (c) hessen.de

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.