Senioren und Kranke zuerst

Berlin. Die Vorbereitungen für Impfungen gegen das Coronavirus werden konkret ...

CORONA - Die konkreten Vorbereitungen für die Verteilung des Impfstoffs laufen schon

VON ULRIKE VON LESZCZYNSKI

Wer wird zuerst geimpft?

Fachleute empfehlen, angesichts anfangs knapper Dosen bevorzugt Menschen mit besonders erhöhtem Risiko für schwere und tödliche Covid-19-Verläufe zu impfen: Vorrang sollen laut einem Positionspapier von Ständiger Impfkommission (Stiko), Deutschem Ethikrat und Nationaler Akademie der Wissenschaften Leopoldina Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen haben. Bevorzugt geimpft werden sollen außerdem Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie etwa von Polizei und Feuerwehr.

Die Firma Biontech teilte mit, dass ihr Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 bietet. Welche Schritte folgen bis zur Zulassung?

In der Pandemie gibt es in Europa ein beschleunigtes Zulassungsverfahren bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Dauern Impfstoffzulassungen sonst mitunter Jahre, können Pharmafirmen ihre Impfstoff-Kandidaten nun in einer Art Vorverfahren zur Zulassung noch während der Phase der klinischen Studien bei der EMA melden. Dazu werden Daten fortlaufend eingereicht und von der EMA bewertet (Rolling-Review-Verfahren). Mit ersten Zulassungen wird von vielen Experten noch für dieses Jahr oder Anfang 2021 gerechnet.

Was bedeutet das für die Mainzer Firma Biontech?

Im vorbörslichen US-Handel schnellten die Biontech-Papiere um rund 16 Prozent nach oben.

Wie lange dauert es, bis ein Impfstoff verfügbar ist?

Die EU und auch andere Länder schließen schon jetzt Lieferverträge mit Pharmakonzernen. Von der EU-Kommission unterzeichnet sind Rahmenverträge mit Johnson & Johnson, Astrazeneca und Sanofi-GSK. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb, man schließe bald einen Vertrag mit Biontech/Pfizer über bis zu 300 Millionen Impfdosen für die EU ab. Einige Firmen, darunter Biontech, gehen vor der Zulassung in die Produktion. Dennoch können diese Mengen den Bedarf bei weitem nicht abdecken - es würde damit vier Jahre dauern, rund 60 Millionen Menschen in Deutschland zu impfen.

Ist es ungewöhnlich, dass vom Biontech-Impfstoff zwei Dosen im Abstand von drei Wochen verabreicht werden?

Viele Experten erwarten, dass für eine wirksame Immunisierung gegen das neue Coronavirus eine Impfdosis nicht ausreicht. Wahrscheinlich werde ein mehrfaches Impfen nötig sein, sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing. Wahrscheinlich bräuchten Senioren wegen ihres schwächeren Immunsystems größere Mengen an Impfstoff, ergänzt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut in Leipzig. Zudem würden Medikamente erforscht, die das Immunsystem von Senioren stärken, so dass sie auf eine Impfung besser reagieren.

Was geschieht danach?

Eine unbeantwortete Frage ist, ob Menschen nach einer Impfung das Virus weitertragen können. Das wäre vor allem für den Gesundheitsbereich problematisch. Dass eine Immunisierung gegen Corona ein Leben lang halten wird, scheint unwahrscheinlich. Es könnte sein, das man sie wie bei der Grippe-Schutzimpfung regelmäßig wiederholen muss.

Ist mit einem Impfstoff die Pandemie bewältigt?

Aus Sicht von Experten ist die Verfügbarkeit eines Impfstoffs zwar ein wesentlicher Schritt. Doch vor allem in der Anfangszeit nach der Zulassung werden die Impfquoten eher niedrig sein, so dass Maßnahmen wie Hygiene und Kontaktbeschränkungen noch eine Weile an der Tagesordnung sein dürften.

Impfungen sollen freiwillig sein

Der Deutsche Ethikrat, die Ständige Impfkommission und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina sind gegen eine generelle Pflicht zur Impfung gegen das Coronavirus in Deutschland. Impfungen setzten eine aufgeklärte, freiwillige Zustimmung voraus, erklärten die Wissenschaftsorganisationen am Montag in Berlin. Eine undifferenzierte Impfpflicht sei deshalb auszuschließen. Allenfalls beim Vorliegen schwerwiegender Gründe lasse sich für eine klar definierte Gruppe von Menschen eine Impfpflicht rechtfertigen - etwa für Mitarbeiter in einem ständigen Kontakt mit Hochrisikopatienten. dpa

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.