Großes Interesse an Onlinevortrag zu Änderungen der FwDV 500

Berlin. „FwDV 500: Was ist neu, was ist anders?“ lautete das Thema der aktuellen DFV-Onlinefortbildung ...

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 Hierzu referierte Oberbrandrat Frank Wenking vom Institut der Feuerwehr NRW. 220 Personen nahmen an der Veranstaltung teil; damit war es das bisher am besten besuchte Onlineseminar des Deutschen Feuerwehrverbandes. Da die Veranstaltung in der Anmeldung ausgebucht gewesen war, ist bei fortgesetztem Interesse eine Wiederholung im nächsten Frühjahr angedacht.

Matthias Oestreicher vom DFV-Presseteam gibt einen ausführlichen inhaltlichen Überblick:

Auf die wesentlichen Änderungen, die sich in der Fassung der FwDV 500 aus Januar 2022 im Vergleich zur vorherigen Version ergeben, hat OBR Frank Wenking vom Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen in seinem Onlinevortrag hingewiesen. In den meisten Bundesländern dürfte die FwDV 500 inzwischen bereits verbindlich eingeführt sein. Aus diesem Grund hat der DFV dieses Seminar nun im digitalen Format angeboten.

Zunächst einmal wies Wenking in seinen Ausführungen darauf hin, dass mehrere Vorschriften in das Regelwerk eingearbeitet bzw. Angaben aus anderen Regelungszusammenhängen übernommen wurden. In einigen Teilen wurden bisherige Verfahrensweisen an heutige Erkenntnisse angepasst, Begriffe geändert oder grundsätzliche Abwandlungen vorgenommen.

So werden Kontaminationen nun grafisch mit Feuerwehrangehörigen dargestellt, damit sich die Kräfte selbst wiedererkennen, da diese Gefahren nicht nur für Zivilpersonen gelten.

Bei den Gefahrengruppen wird neben der PSA auch auf Mess- und Arbeitsgeräte abgestellt, da der Begriff „Sonderausrüstung“ sowohl Schutzkleidung als auch Messgeräte und besondere Arbeitsgeräte beinhaltet. Statt des Begriffs Hygiene, der laut Urhebern der neuen Vorschrift zu allgemein war, steht nun Desinfektion als Maßnahme in der FwDV. Aufgrund der Regelung aus der Gefahrstoffverordnung ist aus einer fachkundigen nun eine sachkundige Person geworden, die im Einsatz mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist und die Einsatzleitung unterstützen kann. Nicht zu verwechseln hiermit ist ein Fachberater, der Fachinformationen in Einklang mit den möglichen Feuerwehr-Maßnahmen zu bringen hat. Bei Anschlägen ist die Bewertung der Einsatzstelle gemäß den Vorgaben aus der Gefahrengruppe III zu behandeln und bei Unklarheiten ist ein Tätigwerden der Feuerwehren gemäß HEIKAT vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) angezeigt.

Die Schutzkleidung als solches wird nunmehr auch so bezeichnet, da der frühere Begriff Körperschutzform nirgends anders Verwendung fand; eine Vereinheitlichung der Begriffe wird somit erreicht. Vielmehr werden die Schutzstufen neuerdings nicht mehr nach Aussehen, sondern nach ihrer spezifischen Leistungsfähigkeit beschrieben, nämlich der Staub-, Flüssigkeits- sowie Gasdichtigkeit. Explizit erwähnt wird die manuelle Sicherung von Übergängen der einzelnen Schutzkleidungsteile, wenn der durchgehende, nahtlose Schutz durch die Fabrikationsart nicht gewährleistet sein sollte.

Wenking erläuterte die neue Merkformel ALARA, welche in der Vorschrift zu finden ist. „Früher haben wir das nun begrifflich definierte Prinzip mit ‚Grundsatz der Verhältnismäßigkeit‘ im Rahmen von Erkundung und Maßnahmen bezeichnet“, so der Dozent. Die GAMS-Regel ist nun erweitert um die ergänzenden Hinweise nach Sofortdekontamination und Sicherstellung des Brandschutzes.

Für die Dekontaminationsstufen gilt ab sofort: Stufe 1 ist Sofortdekontamination und löst den Begriff Notdekontamination ab. Dies leitet sich von der Notwendigkeit des Tätigwerdens ohne Zeitverzug ab, so wie dies bei der Sofortrettung bekannt und in den Feuerwehren begrifflich etabliert ist. Die Stufen 2 und 3 bleiben unverändert, eine klare Trennung von der „reinen“ und der „unreinen“ Seite des Dekontaminationsplatzes wird hier eindeutig dargelegt. Jedoch ist für alle Stufen ein fest beschriebenes Einsatzziel neu dazugekommen. Dekonstufe 3 hat nun einen Übergangsbereich (gelb) als Pufferzone, in dem eine Sofortdekontamintion angeboten wird für den Fall einer großen Anzahl von zu dekontaminierenden Personen bei gleichzeitig mangelnden Kapazitäten für eine regelgerechte Dekontamination. Dies könnte beispielsweise das Szenario eines Anschlags beinhalten.
Unterschieden wird in „Dekon P“, also einer Beseitigung von Kontaminationen nur auf PSA des Personals, was mit der Beladung von GW-G oder LKW Dekon-P (Bund) durchgeführt werden könnte. Dagegen ist die „Dekon V“ aufwendiger und bezieht sich auf Gehfähige oder nicht gehfähige Personen (Verletzte), darunter können auch Einsatzkräfte mit beschädigter oder nicht geeigneter PSA im Gefahrenbereich sein, bei denen eine Kontamination der Haut oder Inkorporation nicht ausgeschlossen werden kann. In diesen Fällen ist ein Duschzelt oder ähnliches zu verwenden; Anlage 3 zur FwDV 500 findet Anwendung.

Dem Einsatzleiter werden einige Hilfestellungen durch die Neufassung der Dienstvorschrift mit an die Hand gegeben. Die Überwachung der Einsatzkräfte bei einer Strahlenexposition, gepaart mit einer Vorstellung beim Arzt, ist ebenso wichtig wie die Dokumentation zur aufgenommenen Dosis. Die Aufbewahrung der Dokumentation durch die Feuerwehr wird mit einer Sonderregelung von 30 Jahren oder bis zum 75. Lebensjahr angegeben, bei B- und C-Einsätzen sind es 40 Jahre. Die Dokumentation kann durch die Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) erfolgen, wie der Referent darlegte.
Gruppen- und Zugführer erhalten eine Aufgabendefinition für ihr Vorgehen, der Wassertrupp erfährt eine Neuerung in seinem Arbeitsbereich, da er nun für die Sofortdekontamination zuständig ist. Das leitet sich daraus ab, dass er bereits ein gewisses Schutzniveau aufweist, sofort vor Ort verfügbar ist und seinen Standort nicht verändert. Dafür ist der Schlauchtrupp für die Gerätebereitstellung zuständig, er markiert und überwacht darüber hinaus den Gefahrenbereich.

Vorschläge für die Auswahl der geeigneten Schutzkleidungsform werden dem Einsatzleiter nicht mehr gemacht. Ein Abwägungsprozess zur Lageangemessenheit liegt der Entscheidung jetzt zugrunde. Wenking führte aus: „Eine eigene Analyse zur Temperaturklasse der eingesetzten Funkgeräte ist notwendig, auch wenn gleichzeitig eine einheitliche Ausstattung mit ATEX-Geräten in der neuen FwDV 500 zu finden ist.“

Umstellen müssen sich die Einsatzkräfte bei dem Begriff Dosisrichtwert, der nun Referenzwert heißt und gleichlautend mit anderen Regelungen ist. Der vormalige Einsatzrichtwert von 15 mSv wurde auf 20 mSv pro Einsatz und Kalenderjahr geändert. Die verwendeten Dosiswarngeräte mit Einstellungen von 15-mSv-Grenzwert dürfen zunächst weiterverwendet werden, weil dieser darunterliegende Wert unschädlich für die Bewertung der Gefahr ist. Die Ausnahmen bei einer Abweichung der Höchstgrenze von 250 mSv darf der Einsatzleiter jetzt selbst festlegen, ist nicht mehr von der Freigabe einer vormals fachkundigen Person abhängig, unterliegt aber zugleich einer Deckelung bei 500 mSv. Die Grenze von 100 mSv darf nur mit aktiver Zustimmung der betroffenen Einsatzkraft überschritten werden. Auch Frauen können bei Zustimmung zur Menschenrettung eingesetzt werden. Beim Schutz von Sachwerten und der Umwelt ist bei Frauen die Organdosis von 2 mSv/Monat einzuhalten.

Bei den C-Gefahren wurden die Maßnahmengruppen gänzlich aus der FwDV gestrichen, Wenking verweist dazu ersatzweise auf die ADR-Klassifizierung.
Der Gefahrenbereich wurde vereinheitlicht, liegt durch ähnliche Verhaltensweisen der Ausbreitung bei mindestens 500 m sowie der Absperrbereich bei 1.000 m und wurde den Sprengstoffen entliehen, die früher einzig eine solche Festlegung besaßen.

Informationssysteme der Stufe 3 (= detaillierte Informationen) sind nun verbindlich für die Führungsfahrzeuge in der ABC-Abwehr vorgeschrieben.
In Anlage 2 ist beschrieben, wie aus der bekannten 3-A-Regel eine 4-A-Regel geworden ist: Zu Abschirmung, Abstandhalten und Aufenthaltsdauerbegrenzung ist noch Abschalten hinzugekommen!

Insgesamt wurde die FwDV 500 gestrafft und an aktuelle Erkenntnisse angepasst sowie andere Regelungsgrößen angelehnt. Die Bedeutung des Themenfeldes wurde durch die große Teilnehmerzahl bei diesem fachmännisch durchgeführten Online-Seminar deutlich.

Die nächste DFV-Onlinefortbildung findet zum Thema „Einsatztaktik bei Bränden mit Elektrofahrzeugen“ am Donnerstag, 20. Oktober 2022, 18.00 bis 19.00 Uhr, mit Brandoberrat Christian Emrich, Berufsfeuerwehr München statt. Anmeldung hier.

Link zur Präsentation

DFVHier der stets aktuelle Link zur Präsentation im Feuerwehr-Lernkompass des IdF NRW.

 

 

 

 

 

 

News des Deutschen FeuerwehrverbandesQuelle: Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV)