„Frieden ist nicht gottgegeben“

WIESBADEN. In enger Abstimmung mit der Wirtschaft und Arbeitgebern in Hessen sucht das Landeskommando der Bundeswehr Freiwillige, um ab Oktober 2024 ein 1200 Mann und Frau starkes Heimatschutzregiment aufzustellen ...

Bundeswehr sucht Freiwillige für neues hessisches Heimatschutzregiment

Von Sascha Kircher

Dieses soll bei Katastrophen wie im Ahrtal oder bei einer Pandemie eingreifen und im Kriegsfall kritische Infrastruktur wie Flughäfen oder Kasernen mit der Waffe verteidigen. Der Fokus der Bundeswehr sei mit dem russischen Überfall auf die Ukraine, eigentlich aber bereits mit der Annexion der Krim, wieder auf die Landes- und Bündnisverteidigung gesetzt worden. „Frieden ist nicht gottgegeben“, betonte Oberst Siegfried Zeyer, kommissarischer Kommandeur des Landeskommandos Hessen, am Dienstag in Wiesbaden.

Wen sucht die Bundeswehr? In erster Linie Reservisten, dafür schreibe das Personalamt rund 10.000 Soldaten in Reserve an. Aber auch „Ungediente“ sollen sich melden. Dazu seien explizit selbst frühere Kriegsdienstverweigerer eingeladen. Die Freiwilligen müssen zwischen 18 und 57 Jahren alt sein. Sie würden einem körperlichen und einem ausgedehnten Sicherheitscheck durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) unterzogen, um das Einrücken von Extremisten zu vermeiden.

Vergütung orientiert sich am Hauptjob

Die Vergütung orientiere sich am Verdienst im Hauptjob – kein Freiwilliger werde Abstriche machen müssen. Am Beginn stehe eine zweiwöchige militärische Grundausbildung in Vollzeit, die auch Abende und Wochenenden einschließe, so Oberst Zeyer. Hier kommen die Arbeitgeber ins Spiel. In dem zweijährigen Projekt des Beirats „Bundeswehr und Wirtschaft“ habe man den engen Austausch gesucht – und viel Zustimmung erhalten. Große Unternehmen wie Fraport und die Hessische Landesbank, aber auch Verbände wie die Industrie- und die Handelskammern sowie der Städte- und Gemeindebund signalisierten ihre Bereitschaft, Mitarbeiter – gegen einen finanziellen Ausgleich – zur Verfügung zu stellen.

Für Unternehmen nicht leicht

Natürlich kollidiere das wichtige Anliegen des Heimatschutzes mit dem aktuellen Fachkräftemangel, räumte Gunther Quidde, Hauptgeschäftsführer der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, ein. Der Volkswirt ist selbst Oberst der Reserve und hat im August wieder drei Wochen bei seiner „Stammeinheit“ verbracht. Firmen müssten sich „erst mal schütteln“, wenn Mitarbeiter fehlten, könnten letztlich aber, ähnlich wie bei Mitgliedern von THW oder Feuerwehr, von deren besonderen Fähigkeiten profitieren.

Derzeit verfügt das Landeskommando Hessen über zwei Heimatschutz-Kompanien, eine dritte soll ab Oktober aufgestellt werden. Ab Oktober 2024 soll dann das Regiment folgen, das sich in Größe und Struktur an Infanterieregimentern orientiere, so Zeyer. Andere Bundesländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen hätten sich bereits auf den Weg gemacht, insgesamt soll es 2025 bundesweit sechs Heimatschutzregimenter geben. Generell nehme er eine abnehmende Skepsis gegenüber der Truppe wahr, betonte Oberst Zeyer. Gelöbnisse und Vereidigungsfeiern würden nicht mehr von Militarismuskritikern gestört. Diesen Bewusstseinswandel, auch in der Wirtschaft, wolle die Bundeswehr nutzen.

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.