Bei Hitze steigt die Unfallgefahr deutlich
Autoscheiben abdecken - Lebensgefahr im Auto-Ofen

Eine Holzkiste mit Alu-Folie ausgekleidet und eine Glasscheibe als Deckel drauf. Fertig ist der Backofen, mit dem Anhänger der solaren Energienutzung gerne demonstrieren, dass sich mit Sonnenlicht sogar Gemüse köcheln lässt. Ähnlich dem stromlosen Backofen funktionieren im Sommer auch Autos. Die durch die großflächigen Scheiben eindringenden Sonnenstrahlen bewirken unerträgliche Hitzestaus. Die Risiken, die diese Hitze für die Insassen bedeutet, werden oftmals unterschätzt.

In einem Fahrzeug, das in der prallen Sonne steht, können Temperaturen bis zu 75 Grad auftreten. Pro Minute - so haben Messungen ergeben - steigt die Innentemperatur um ein Grad Celsius an. Nach 20 Minuten sind bereits Temperaturen von 50 Grad und mehr zu erwarten. Herunter gekurbelte Seitenscheiben verhindern den Hitzestau kaum. Beim Fahren erhöhen sie lediglich das Risiko entzündlicher Ohrenerkrankungen. Allenfalls ein Schiebedach bewirkt einen Sog, verbessert so die Durchlüftung und reduziert Hitze.

Nach einer vor Jahren an der Universität-Gesamthochschule Wuppertal durchgeführten Studie hat Hitze einen größeren Einfluss auf das Unfallgeschehen als Regen, Schnee und Hagel, vor denen Polizei, Tüv und Automobilclubs im Herbst und Winter regelmäßig warnen. Der auswertenden Untersuchung zufolge erhöht eine Wärmebelastung von bereits 27 Grad die Unfallzahl innerorts um elf Prozent, außerorts um sechs Prozent. Steigt die Temperatur weiter, steigt auch die Zahl der Unfälle. Bei 32 Grad zum Beispiel im innerörtlichen Verkehr um 22 Prozent, außerorts um 13 Prozent. Grund dafür ist, dass die Hitze den Körper in einen Ausnahmezustand bringt, der auch die Wahrnehmung beeinträchtigt. Gegen Hitze wehrt sich der Körper mit Schwitzen als ausgefeilter Verdunstungskühlung. Der Autositz nimmt jedoch die Möglichkeit des effektiven Schwitzens, da er fast die Hälfte des Körpers berührt. Damit steigen Körpertemperatur und Pulsschlag, bisweilen kann es sogar zu fiebrigen Zuständen kommen. Daneben kann der erhöhte Flüssigkeitsverlust zu Herzbeschwerden, Hitzekollaps und Sonnenstich führen. Da sich die Hitze-Abwehrmaßnahmen vorwiegend auf den Erhalt des Körpers konzentrieren, wird der psychischen Wahrnehmung Energie entzogen. Darunter leiden Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen. Manche Fahrer reagieren sogar so, als ob sie unter Alkoholeinfluss stünden. Unfälle sind quasi programmiert.

Anzeichen für Hitzereaktionen sind Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, starkes Schwitzen, Reizbarkeit, Erschöpfung, Atemnot, depressive Zustände und Ängste. Sie sollten zum Anhalten zwingen. Der Verstand eines hitzegepeinigten Körpers führt einem zwar den Unsinn von Sonnenfahrten deutlich vor Augen, doch nicht jeder kann komplett aufs Autofahren verzichten.

Selbstschutz ist aber immer möglich. Locker sitzende Bekleidung und viel Flüssigkeit sind die einfachsten Regeln. Das Einlegen regelmäßiger Pausen im Schatten mit Durchlüftung des Fahrzeuges sollte ebenfalls selbstverständlich sein. Wer ein Fahrzeug kauft sollte Wert auf eine helle Lackierung und ein Schiebedach legen. Lenkrad, Sitze, vor allem Kindersitze kann man mit Handtüchern oder Windeln beim Parken verdecken. Dadurch heizen sie sich nicht zu stark auf. Tücher an den rückwärtigen Seitenfenstern sind auch beim Fahren hilfreich. Silberbeschichtete Matten und Kartons an den Heckscheiben können bei abgestellten Fahrzeugen die Innentemperatur um bis zu 25 Grad senken. Heruntergeklappte Sonnenblenden verhindern die direkte Sonnenwirkung auf das Armaturenbrett. Klimaanlagen helfen, haben aber einen Nachteil: Die von ihnen erzeugte trockene Luft entzieht dem Körper noch mehr Flüssigkeit. Vor dem Weiterfahren den Wagen immer gut durchlüften und die Temperatur von Kindersitzen mit der Hand prüfen.

Auf keinen Fall sollte man Babys, Kinder und auch Haustiere im Fahrzeug lassen, um schnell noch ungestört eine Besorgung zu machen: Es besteht Lebensgefahr. Deshalb sollte auch jeder, der auf sommerlichen Parkplätzen Leben in verschlossenen Fahrzeugen wahrnimmt, umgehend Hilfe leisten oder holen.